Renaturierung der Nidder bei Effolderbach und Stockheim

Der Fluss Nidder wurde zwischen Ortenberg und Glauberg schon Ende des 19. Jahrhunderts naturfern ausgebaut. Insbesondere wurde das Fließgewässer stark begradigt, durch Dämme eingezwängt und von der Aue abgeschnitten.

Ein derartiger Ausbau beeinträchtigt nicht nur den Fluss und seine Aue als Lebensraum für Tiere und Pflanzen, er verhindert auch eine wirksame Wasserrückhaltung in der Landschaft. Dadurch kann es zu verstärkten Hochwässern in den flussabwärts liegenden Gemeinden kommen.

Diese Situation war Anlass für eine umfangreiche Renaturierungsplanung, mit der die Nidder zwischen Ortenberg-Effolderbach und Glauburg-Stockheim auf einer Gesamtstrecke von 1.250 Metern in einen naturnahen Zustand zurückversetzt werden sollte. Möglich wurde diese Maßnahme dadurch, dass sich ein Großteil der Flächen innerhalb des rund 40 Hektar großen Gebietes im Eigentum der beteiligten Kommunen Glauburg und Ortenberg befindet. Zudem steht die Aue in weiten Teilen bereits als Naturschutz- oder Landschaftsschutzgebiet beziehungsweise über das europäische Schutzgebietssystem „Natura 2000“ unter Schutz.

Innerhalb des Projektes wurden bzw. werden folgende Einzelmaßnahmen umgesetzt:

  • Entfernung beziehungsweise Zurückversetzung der Dämme am Flusslauf, was dem Gewässer die Möglichkeit zur Eigenentwicklung gibt,
  • Fällung der einförmigen nicht einheimischen Hybridpappelbestände am Flussufer,
  • Gestaltung eines naturnahen Flussbettes mit neuen Flussschlingen,
  • Erstellung von Leitwerken, um Strömungsvielfalt zu erzielen,
  • Anlage von Kiesdepots,
  • Bau von umfangreichen Flachgewässern mit Inseln in der Aue,
  • Anschließende Beweidung des Gebietes mit „Auerochsen und Wildpferden“.

Träger der Renaturierung ist der Zweckverband Vulkanradweg, beteiligt sind die Gemeinde Glauburg und die Stadt Ortenberg sowie verschiedene Fachbehörden. Die Finanzierung erfolgt über das Hessische Landesprogramm „Naturnahe Gewässer“ und über den Wert des von den Gemeinden eingebrachten Landes. Der Naturschutzfonds Wetterau e. V. koordiniert die Maßnahme.

Im Jahr 2005 wurden zunächst die artfremden Pappelreihen und Teilbereiche der Dämme entfernt. Das Ufer der Nidder wurde einseitig neu profiliert. In der zur Gemarkung Stockheim gehörenden linksseitigen Aue wurden ausgedehnte Flachwasserteiche angelegt. Außerdem wurde hier eine zeitweise Wasser führende Flutrinne, die den ursprünglichen Verlauf der Nidder vor den Gewässerausbaumaßnahmen nachempfinden soll, wieder hergestellt.

Im Jahr 2006 wurde die rechtsseitige Aue im Bereich Effolderbach neu gestaltet, wobei der nahe am Gewässer verlaufende Damm weit zurückversetzt wurde. In dem hierdurch aufgeweiteten Bereich entstand eine neue Flussschlinge. Flussabwärts wurde die Renaturierung  jenseits der das Gelände durchquerenden Eisenbahnlinie fortgesetzt.

In der letzten Bauphase erfolgte eine zusätzliche Erweiterung der Renaturierung flussaufwärts. Ermöglicht wurde dies durch den Ankauf eines weiteren Auengrundstücks aus Projektmitteln. Die renaturierte Fließstrecke der Nidder konnte dadurch auf insgesamt 1,4 km verlängert werden. Zusätzlich wurde ein weiteres Stillgewässer angelegt.

Seit 2011 wird das Gebiet mit Heck-Rindern, Rückzüchtungen des ausgestorbenen Auerochsen, sowie mit Konik-Pferden beweidet. Die Tiere beweiden auch die Uferbereiche der Flachgewässer mit, so dass verhindert wird, dass die Teiche mit Hochstauden und Gehölzen „zuwachsen“.

Die Maßnahme hat das Landschaftsbild bereits jetzt erheblich aufgewertet, was Einheimische und Besucherinnen und Besucher der Region vom Vulkanradweg aus, der am Rand der Aue verläuft, hervorragend erleben können. So wurde im Rahmen eines umfassenden Besucherlenkungskonzeptes u.a. direkt am Radweg eine Aussichtsplattform mit Informationstafeln gebaut.

Die neu geschaffenen Gewässer und Feuchtgebiete haben sich unmittelbar zu einem Anziehungspunkt für Enten, Gänse, Limikolen und Wiesenvögel entwickelt.

Das Renaturierungsgebiet bildet räumlich und funktional eine Einheit mit dem flussaufwärts direkt anschließenden Feuchtgebiet “Auwiesen von Effolderbach” und dem Naturschutzgebiet “Salzwiesen von Selters”. Unterhalb schließt sich der südliche Teil des Naturschutzgbietes “Nidderauen von Stockheim” an. Insgesamt ergibt sich daraus ein zusammenhängendes naturnahes Auengebiet mit einer Größe von über 250 Hektar.